Claudia Banz Ornament ist kein Verbrechen
Claudia Banz, Sommersemester 2014
56-609 Ornament ist kein Verbrechen. Kunst und Architektur des Historismus und der Postmoderne im Dialog
2st. Seminar
Do 18.00-20.00, ESA W, Rm 119
Beginn: 10.04.2014
Bei allen Unterschieden verbinden Historismus und Postmoderne auffällige Parallelen: Beide Epochen zeichnen sich aus durch Stilpluralismus, historische Revivals und Eklektizismus, die von ihren jeweiligen Kritikern gerne der Beliebigkeit und Charakterlosigkeit bezichtigt werden.
Dabei geht es um die Erweiterung kultureller Spielräume: Das Bürgertum erobert sich im 19. Jahrhundert durch den Zugriff auf die Vergangenheit und ihre Stile einen neuen gesellschaftlichen Radius. Gleichzeitig eröffnen sich im Zeitalter der fortschreitenden Industrialisierung und Ausdifferenzierung der Wissenschaften neue Erkenntniswelten. In diesem Kontext kann der Historismus auch als eine Art Orientierungsversuch angesichts der Forderung nach mehr Flexibilität und Innovationsbereitschaft interpretiert werden, als Ausdruck der Suche nach Sicherheit und einer kulturellen Identität.
Die Postmoderne artikuliert ihrerseits den Widerstand gegen die Ideologien der Moderne, ihre Vorstellung von Rationalität und Identität. Die neuen Medien führen zum Zusammenbruch der gewohnten raumzeitlichen Ordnung. Im Zeitalter der Elektronik beginnen sich die Trennlinien zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Geist und Materie aufzulösen. Die Informationsgesellschaft stimuliert einen neuen Geschmackspluralismus, der bis zum Widersinnigen und Paradoxen gesteigert werden kann. Somit spiegelt die Postmoderne gleichermaßen den Zerfall obsoleter Ordnungsstrukturen und die Suche nach neuen Konzepten wider.
Im Fokus des Seminars stehen die konkreten Auswirkungen dieser soziologischen Voraussetzungen auf die Kunst und Architektur im letzten Drittel des 19. und des 20. Jahrhunderts. Was bedeutet in diesem Zusammenhang „Stil“? Welche Funktion übernimmt das Ornament? Und: wie ist das Re-Revival des Ornamentalen im digitalen Zeitalter zu bewerten?
Einführende Literatur:
- Charles Jencks. Was ist Postmoderne? Zürich, München 1990.
- Eva-Maria Landwehr. Kunst des Historismus; Köln, Weimar, Wien 2012.
- Barbara Mundt. Historismus, Kunstgewerbe zwischen Biedermeier und Jugendstil, München 1981.
- Wolfgang Welsch. Unsere postmoderne Moderne, Weinheim 1987.