Bühne und Bürgertum. Das Hamburger Stadttheater 1770-1850
Mit dem Hamburger Stadttheater steht eines der bedeutendsten deutschen Theaterunternehmen der Zeit zwischen 1770 und 1850 im Zentrum des Projekts. Dieses Theater, dessen auf das Publikum ausgerichtete Programm Musik- und Sprechtheater kombinierte, kann als Prototyp eines ausschließlich vom Bürgertum getragenen Stadttheaters gelten. Untersucht werden die auf die berühmte „Hamburger Entreprise“ folgenden Unternehmungen, die bis 1827 das Comoedienhaus am Gänsemarkt und ab 1827 das neue Stadttheater am Dammtor als Spielstätte verwendeten.
Das Erkenntnisinteresse zielt auf das Verhältnis von Theater und Bürgertum im 18. und 19. Jahrhundert. Bisher sah die Forschung die Theaterkultur dieser Epoche von den höfischen Theatern dominiert. Jedoch ist diese Annahme insofern fragwürdig, als das Hamburger Stadttheater sich gegenüber den bekannten deutschen Hoftheatern impulsgebend behaupten und eine überregionale Wirkung entfalten konnte - nicht zuletzt deshalb, weil sich in ihm spezifische Interaktionsmodi zwischen Stadt und Bühne herausbildeten, die die Entwicklung einer eigenständigen Theaterpraxis ermöglichten. Ihre Erforschung verspricht deshalb innovative Erkenntnisse über die bürgerliche Theaterkultur des Untersuchungszeitraums.
Folgende Aspekte stehen im Zentrum des Projekts:
- Rekonstruktion des Spielplans des Hamburger Stadttheater für die Zeit von 1770-1850 anhand der überlieferten Theaterzettel und sonstiger Quellen (Online-Publikation geplant)
- Untersuchung der einzelnen Intendanzen und ihrer Spielplanprofile
- Erforschung der Rahmung des Theaters durch Metatexte (Epiloge, Prologe, Reden)
- Einbindung des Stadttheaters in die Hamburger Presselandschaft
- Besonderheiten der Klassikerrezeption
- Einsatz von Instrumentalmusik im Sprechtheater
- Erforschung des Genres der Märchen- und Zauberopern
Grundlage der Untersuchung bildet ein einmaliger Quellenbestand aus rund 2100 Inspektions- und Soufflierbüchern zu etwa 1700 Sprech- und circa 400 Musiktheaterwerken des deutschen Sprachraums, einschließlich Übersetzungen und Bearbeitungen englischer, französischer und italienischer Werke. Es handelt sich um ein heute zu großen Teilen unbekanntes, in vielen Fällen wohl auch unikal überliefertes Repertoire. Es wird in der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek aufbewahrt, ebenso wie die Theaterzettel des Untersuchungszeitraums. Hinzu kommen eine die Theateraufführungen begleitende reiche Flugblattproduktion und diverse Theaterzeitschriften.
Das Projekt entsteht in Zusammenarbeit mit der ebenfalls von der DFG geförderten Katalogisierung der Hamburger Theaterbibliothek an der Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky (Projektleitung: Dr. Jürgen Neubacher).
Projektleitung:
Prof. Dr. Bernhard Jahn (Universität Hamburg, Institut für Germanistik)
Prof. Dr. Claudia Maurer Zenck (Universität Hamburg, Institut für Musikwissenschaft)
Wissenschaftliche Mitarbeiter:
Dr. Martin Schneider
Petra Eisenhardt, M.A.
Jacqueline Malchow, M.A.
Friederike Mühle, M.A.
- Dauer: 2013-2017
- Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Claudia Zenck
- Drittmittelgeber: Deutsche Forschungsgemeinschaft